"Gleicht euch nicht dieser Welt an, sondern wandelt euch und erneuert euer Denken, damit ihr prüfen und erkennen könnt, was der Wille Gottes ist: was ihm gefällt, was gut und vollkommen ist."  Röm. 12, 2

„Mit meinen Gott überspringe ich Mauern“ (Ps 18, 30)

Dieser Psalm steht als Überschrift über einem Aufsatz1 des Theologen Eberhardt Tiefensee zu den Ereignissen im Herbst 1989. In diesem Aufsatz beschreibt er, dass die Ereignisse als Wunder und Wahnsinn (Ruf bei Mauerfall) wahrgenommen wurden. Gebete hatten eine „mauerüberwindende Kraft“. Auch im Abstand von 30 Jahren erscheint die Revolution wie ein Wunder, für das man dankbar sein muss. Eine Diktatur konnte mit Kerzen und Gebeten zu Fall gebracht werden. So klagte ein Vertreter der SED-Führung: „Wir hatten alles geplant. Wir waren auf alles vorbereitet. Nur nicht auf Kerzen und Gebete.“

Ein zweites Wunder war, dass alles friedlich blieb. Die Friedensgebete atmeten den Geist der Seligpreisungen und die Führung der SED hatte in der Sowjetarmee, anders als 1953, keine Unterstützung. Dennoch gab es seitens der SED-Führung unverhohlene Drohungen, wie in China Gewalt anzuwenden. Noch 2009 meinte die damalige Vorsitzende der Linkspartei, dass es der Beitrag der SED gewesen sei, nicht auf das eigene Volk geschossen zu haben. Das wäre also für die Linke eine selbstverständliche Option gewesen!

Der Fall der Mauer am 9. November vor 30 Jahren war ein Höhepunkt auf dem Weg zur Einheit unseres Volkes in Freiheit. In der Folge wurden Diktatur und Planwirtschaft durch Demokratie und soziale Marktwirtschaft abgelöst.  Dass es aber auch harte Arbeit ist, die erkämpfte Freiheit zu bewahren, wird derzeit deutlich. Wenn populistische Parteien eine Mehrheit bei Wahlen erreichen, ist das ein Alarmzeichen. Wir müssen als CDU auf allen Ebenen unser Profil schärfen. Dazu gehört eine klare Abgrenzung zu populistischen Parteien, zu denen auch die Linke gehört. Es darf nicht vergessen werden, dass „Die Linke“, die fälschlicherweise oft den demokratischen Parteien zugerechnet wird, die Rechtsnachfolgerin der Mauerpartei SED ist. Wie in der DDR hat diese Partei ein Problem mit Religion, wie in den Wahlprogrammen nachzulesen ist. Dort wird z.B. der im Grundgesetz Art. 7(3) verankerte Religionsunterricht in Frage gestellt. Eine Partei, die zudem die Systemfrage stellt und den vor 30 Jahren überwundenen Sozialismus erneut an Menschen ausprobieren möchte, kann für die CDU kein demokratischer Partner sein.

1E. Tiefensee „‘In meinem Gott überspringe ich Mauern‘ Zur gesellschaftsverändernden Kraft des Gebetes“ in U. Willers (Hrsg.): Beten - Sprache des Glaubens, Seele des Gottesdienstes, A. Fracke Verlag Tübingen Basel 2000