
Eingesperrt zu sein – das ist kein abstraktes Wort, sondern ein Gefühl, das tief in Körper und Seele schneidet. Millionen von uns haben es erlebt: hinter Mauern, an Schlagbäumen, im Schweigen, das uns aufgezwungen wurde. Es bedeutete, nicht selbst bestimmen zu dürfen, wer wir sein wollten, was wir sagten, woran wir glaubten.
Und doch hören wir heute Stimmen, die sagen: „So schlimm war es doch nicht.“ Oder: „Die DDR hatte auch ihr Gutes.“ Nein. Nichts daran war gut, wenn ein Staat seine Bürgerinnen und Bürger einsperrt, sie überwacht, bestraft und ihnen das Menschlichste nimmt: die Freiheit. Unfreiheit ist niemals harmlos. Sie ist ein Unrecht.
Darum war der Herbst ’89 und die Wiedervereinigung 1990 mehr als nur ein politischer Akt. Es war das Aufstehen eines Volkes. Unser Aufstehen. Wir haben Mauern überwunden, mit Kerzen in den Händen, mit Mut im Herzen. Wir haben uns unsere Würde zurückgeholt.
Seitdem dürfen wir wählen, frei sprechen, reisen, träumen – und unser Leben selbst gestalten. Demokratie ist kein ferner Begriff, sie ist unser tägliches Recht, unser Schutzschild, unsere gemeinsame Stärke.
Aber dieses Geschenk ist nicht selbstverständlich. Freiheit muss jeden Tag gelebt und verteidigt werden. Die Wiedervereinigung erinnert uns: Wir können Unrecht überwinden. Wir können Mauern einreißen. Und wir können ein Volk sein – frei, demokratisch, unteilbar.“
Nourdin Kamlah