"Man darf nicht einfach aufgeben, das Evangelium zu verkündigen. Es schien ja auch inder griechisch-römischen Welt völlig absurd, dass da ein paar Juden hinausgehen und die große, gelehrte, gescheite griechisch römische Welt für das Christentum zu gewinnen suchen." Benedikt XVI.

Standpunkt: „Ehe für alle“ ist kein Fortschritt, sondern Neusprech (vgl. G. Orwell 1984)

Mit den Worten: „kennst Du den, kommt ein Ehepaar zum Arzt“ wollte mir am letzten Freitag ein Kollege einen Witz erzählen. Ich frage erst mal nach, was er denn jetzt mit Ehepaar meint. In den Fürbitten in der Heiligen Messe gab es eine Fürbitte für Ehepaare, deren Kinderwunsch unerfüllt ist. Wiederum die Frage, geht es vielleicht um Paare bei denen die Weitergabe des Lebens von vornherein ausgeschlossen ist?  Der umstrittene Beschluss des Bundestages zur sogenannten „Ehe für alle“ hat, wie es Erzbischof Koch ausdrückte, „wesentliche Inhalte des Ehebegriffs aufgegeben“. Der Begriff Ehe ist somit unklar geworden, er beschreibt nun eine Vielzahl von Lebensmodellen, die jetzt sprachlich nicht mehr einfach differenziert werden können.

Angesichts der praktischen rechtlichen Gleichstellung der „eingetragenen Lebenspartnerschaft“ mit der Ehe, ging es bei der als „historisch“ gefeierten Abstimmung nur noch um zwei Dinge, den Begriff „Ehe“ und das Adoptionsrecht. Warum dieser Kampf um den Begriff „Ehe“? Wollten doch die Grünen noch vor nicht allzu langer Zeit die Ehe abschaffen. Ist das nicht ein Wiederspruch?

George Orwell beschreibt in seinem Roman 1984 eine perfekte sozialistische Diktatur. Dazu gehört auch, dass das Sprechen und Denken der Menschen durch gezielte Veränderung der Sprache manipuliert wird. Orwell schreibt: „Neusprech sollte nicht nur ein Ausdrucksmittel für die den Anhängern von Engsoz gemäße Weltanschauung und Geisteshaltung bereitstellen, sondern auch alle anderen Denkweisen unmöglich machen. Es war geplant, dass … ein ketzerischer Gedanke… undenkbar sein sollte, insoweit wenigstens das Denken an Worte gebunden ist. … Dies erreichte man zum Teil durch die Erfindung neuer, hauptsächlich aber durch die Eliminierung unerwünschter Wörter und indem man die verbleibenden Wörter aller unorthodoxen und soweit wie möglich überhaupt aller Nebenbedeutungen entkleidete.“

Genau das hat der Bundestag am letzten Junitag getan. Der Begriff Ehe weist im lateinischen „Matrimomium“ bereits auf „mater“ also auf Mutterschaft, auf die Weitergabe menschlichen Lebens hin. Er wurde vom Bundestag genau dieser zentralen, für die Zukunft einer Gesellschaft wesentlichen Bedeutung beraubt, indem der Begriff auf Kategorien von Beziehungen ausgedehnt wurde, die die Weitergabe des Lebens von vornherein ausschließen. Damit ist der Begriff Ehe im alten Sinne verschwunden, also die Ehe in bisherigem Sinne nicht mehr definiert. Das ist von der praktischen Abschaffung der Ehe nicht so weit entfernt. Der scheinbare Wiederspruch zum Ziel der Grünen, der Abschaffung der Ehe, ist relativiert. Ein ähnliches Ziel wurde jetzt erreicht und frenetisch gefeiert.

Merkwürdig ist in diesem Zusammenhang, dass bisher weder im BGB noch im Grundgesetz definiert wurde, dass es sich bei der Ehe um eine Verbindung von Mann und Frau handeln muss. Im Sinne der allbekannten Aussage von Ernst-Wolfgang Böckenförde: „Der freiheitliche, säkularisierte Staat lebt von Voraussetzungen, die er selbst nicht garantieren kann.“ wird das als vorrechtliches Faktum vorausgesetzt. Da stellt sich die Frage, mit welchen Recht darf ein Parlament die grundlegende Bedeutung vorgefundener Begriffe, also das sprachliche Fundament von Grundgesetz, Rechtssetzung und Rechtsprechung mit einfacher Mehrheit ändern?

Noch ist das Gesetz nicht in Kraft, nach dem Bundesrat (der den Gesetzentwurf eingebracht hat) muss noch der Bundespräsident zustimmen. Wahrscheinlich wird sich auch das Bundesverfassungsgericht, dass 2002 noch klar festgestellt hat, dass der Ehe „das Wesensmerkmal der Verschiedengeschlechtlichkeit der Partner innewohnt“ mit dem Beschluss befassen. Unabhängig wie die Sache ausgeht: Der Geist ist aus der Flasche, die Umdeutung des Begriffes der Ehe ist irreversibel.

Fast wäre es im Konfettiregen im Bundestag und in der Sintflut im Rest von Berlin untergegangen, dass am gleichen Tag ein weiteres Gesetz beschlossen wurde, das sogenannte Netzdurchsetzungsgesetz. Man wird gespannt sein, wie dieses Gesetz dazu dienen wird, die „neue“ Bedeutung des Begriffs Ehe in der Öffentlichkeit der sozialen Medien durchzusetzen und Meinungen, die die Definition des Bundesverfassungsgerichtes von 2002 beibehalten, als diskriminierende Hass und Hetze zu bekämpfen.  Das wird aber die Apologeten der sogenannten „Ehe für alle“ (die es ja geben muss, weil alle Beziehungen gleich sind und es keine wirklichen Unterschiede zwischen den Lebensformen gibt) beim CSD ihre Andersartigkeit zu demonstrieren. Logik? Fehlanzeige!

Die Frage ist, was kommt als nächstes? Forderung nach Legalisierung der Leihmutterschaft? Änderung des Personenstandsrechts um die biologische Abstammung durch die soziale zur ersetzen?  Die Junge Freiheit (26/17) berichtet zum Beispiel von einer Klage zweier Frauen vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte, die beide als biologische Mütter anerkannt werden wollen. Die Adoption durch die andere Partnerin ist ihnen nicht genug.  Eine Frau hat die Eizelle gespendet, die anderen das Kind ausgetragen, um so eine Pseudoelternschaft beider zu begründen. Das bei diesem Verfahren Embryonen übrigbleiben und letztlich getötet werden, ist egal. Kinder werden so zum Objekt der Selbstverwirklichung, ohne Rücksicht auf Verluste.

Wir dürfen gespannt und müssen wachsam sein, wenn uns die Menschenwürde am Herzen liegt.

Interessant ist das Abstimmungsergebnis. Die Entscheidung sei eine Gewissensentscheidung gewesen. Keinem einzigen! Abgeordneten von Linken, Grünen und SPD hat das Gewissen empfohlen, für die bisherige Definition der Ehe zu stimmen. Das heißt ganz konkret, kein Abgeordneter dieser Parteien steht bei dieser Frage im Einklang mit der Lehre der katholischen Kirche, die z.B. Erzbischof Koch wiederholt und auch zeitnah zu dieser Abstimmung deutlich gemacht hat. Es wäre gut, wenn die Kirche, das auch mal so klar sagen würde!

Bei der CDU/CSU haben von 304 abgegebenen Stimmen bei 4 Enthaltungen 75 Abgeordnete (also fast ¼) für die sogenannte „Ehe für alle“ gestimmt. Das heißt dank der CDU/CSU Angeordneten, die dafür gestimmt haben, hätte es fast zu einer 2/3 Mehrheit gereicht! Das ist umso verwunderlicher, wenn man bedenkt, dass sowohl CDU als auch CSU nachdem! der Gesetzentwurf vom Bundesrat in den Bundestag eingebracht wurde (11.11.2015) auf ihren darauffolgenden Parteitagen (CSU 20/21.11.2015, CDU 13-15-12.2015) in den Beschlüssen eindeutig die Position der jeweiligen Grundsatzprogramme bekräftigt hatten, dass die Ehe eine Verbindung von Mann und Frau ist. Die entsprechende Passage aus dem Beschluss der CDU lautet: „Die Ehe als die auf Dauer angelegte Bindung zwischen Mann und Frau dient dem familiären Zusammenhalt.“. Was sind solche Beschlüsse wert?

Gut zu wissen, dass alle sächsischen Abgeordneten zum Grundsatzprogramm der CDU stehen!

 

Als Nachtrag zwei Zitate, die beispielhaft die katholische Lehre darstellen:

„Durch ihre natürliche Eigenart sind die Institution der Ehe und die eheliche Liebe auf die Zeugung und Erziehung von Nachkommenschaft hingeordnet und finden darin gleichsam ihre Krönung. Darum gewähren sich Mann und Frau, die im Ehebund nicht mehr zwei sind, sondern ein Fleisch (Mt 19,6), in inniger Verbundenheit der Personen und ihres Tuns gegenseitige Hilfe und gegenseitigen Dienst und erfahren und vollziehen dadurch immer mehr und voller das eigentliche Wesen ihrer Einheit.

Diese innige Vereinigung als gegenseitiges Sichschenken zweier Personen wie auch das Wohl der Kinder verlangen die unbedingte Treue der Gatten und fordern ihre unauflösliche Einheit.“ (Gaudium et spes 48)

„Wir müssen die große Vielfalt familiärer Situationen anerkennen, die einen gewissen Halt bieten können, doch die eheähnlichen Gemeinschaften oder die Partnerschaften zwischen Personen gleichen Geschlechts, zum Beispiel, können nicht einfach mit der Ehe gleichgestellt werden. Keine widerrufliche oder der Weitergabe des Lebens verschlossene Vereinigung sichert uns die Zukunft der Gesellschaft.“ (Amoris Laetetia 52)